Gesetzesänderung für Auslandsunfälle

Mit der am 1.1.03 in Kraft getretenen Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG, BGBl. I 02, 2586) hat der Gesetzgeber die europarechtliche Vorgabe der 4. Kfz-Haftpflicht-Richtlinie (N. 2000/26/EG, ABIEG L 181 v. 20.7.00, S. 65) umgesetzt.

 • Ziel ist vor allem, die Schwierigkeiten des Geschädigten nach einem Unfall im Ausland so weit wie möglich zu beseitigen.
 • Gleichzeitig wurden für alle Inlandsunfälle in dem neuen § 3a PflVG Regulierungsbestimmungen getroffen.

Der nachfolgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick.

Nach § 7b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) muss jeder Haftpflichtversicherer eines EU-Mitgliedstaates in jedem anderen Land außer seinem Sitzland einen Schadenregulierungsbeauftragten benennen, der in der Landessprache des Geschädigten den Schaden regulieren kann. Der im Ausland durch ein Verkehrsunfallereignis geschädigte Mandant kann seine Ansprüche außergerichtlich also in der Bundesrepublik geltend machen. Allerdings wird ein Gerichtsstand in der Bundesrepublik allein durch die Bestellung des Regulierungsbeauftragten noch nicht begründet. Dies ist nur der Fall, wenn eine Zweigniederlassung i.S.V. § 21 ZPO mit der Schadenregulierung beauftragt ist. Nach § 8a PflVG müssen Auskunftsstellen eingerichtet werden, bei denen u.a. der Fahrzeughalter, der Versicherer und der Regulierungsbeauftragte in Erfahrung gebracht werden können. Auskunftsberechtigt ist der Geschädigte wenn
 • er seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik hat, oder
 • das den Unfall verursachende Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort in der Bundesrepublik hat, oder
 • sich der Unfall in der Bundesrepublik ereignet hat.
Mit den Verfahrensregelungen ist keine Änderung des der Schadenabwicklung zu Grunde zu legenden sachlichen Rechts verbunden. Vielmehr bleibt es insoweit bei der Regelung nach Art. 40 ff. EGBGB, insbesondere bei Art. 40 Abs. 1 EGBGB, wonach auf Verkehrsunfälle grundsätzlich das Recht des Tatortes anzuwenden ist, bei einem Unfall in Frankreich also zum Beispiel französisches Schadensrecht.
Eine wichtige Ausnahme enthält hier allerdings Art. 40 Abs. 2 EGBGB. Haben der Geschädigte und der Schädiger ihren gewöhnlichen Wohnsitz in einem gemeinsamen vom Unfallort abweichenden Mitgliedsstaat, kann auch das Recht des Wohnsitzes zur Anwendung kommen.

Beispiel
Zwei deutsche Urlauber aus Aachen und Koblenz verunfallen in Italien. Nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB wäre grundsätzlich italienisches Recht als Tatortrecht anwendbar. Da aber beide Unfallbeteiligten ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland haben, kann in Deutschland nach deutschem Schadenrecht reguliert werden. Dies hat insbesondere im Hinblick auf die auch nach der Schadenersatzrechtsreform (hierzu Goebel VA 05/02, 65 ff.; VA 06/02, 71 ff., und VA 07/02, 97 ff.) noch verbliebenen Möglichkeiten der fiktiven Schadenabrechnung Vorteile.


Regulierungsfrist beträgt 3 Monate. Der Schaden ist grundsätzlich durch den Regulierungsbeauftragten binnen einer Frist von drei Monaten zu regulieren. Ist dies fristgerecht nicht möglich, so muss der Geschädigte jedenfalls eine begründete Mitteilung erhalten. Ist eine Regulierung nicht binnen drei Monaten erfolgt, ist der Schadenersatzanspruch nach § 3a Nr. 2 PflVG n.F. mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach §§ 288 Abs. 1, 247 BGB zu verzinsen. Weitergehende Ansprüche, d.h. ein früherer Verzugseintritt durch Mahnung, bleiben davon aber unberührt. Dies gilt auch für alle Inlandsunfälle. Der Bundesgesetzgeber ist über die Anforderungen der EU-Richtlinie hinausgegangen und hat die Regulierungsfrist von drei Monaten in einem neuen § 3a PflVG so geregelt, dass diese Frist auch für alle Inlandsunfälle ohne jegliche Auslandsberührung gilt. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung (BT-Drks. 14/8770 S. 11) ausdrücklich klargestellt, dass es sich um eine absolute Obergrenze für die Regulierungszeit handelt. Dies kommt auch in § 3a S. 1 PflVG zum Ausdruck, wo es heißt, dass der Versicherer „unverzüglich“ ein Schadenersatzangebot vorzulegen hat, d.h. ohne schuldhaftes Zögern. § 12 PflVG wurde in der Weise geändert, dass bei Insolvenz des Haftpflichtversicherers im Inland oder in einem der EU-Mitgliedsstaaten Leistungen aus dem bereits existierenden Entschädigungsfonds schon aber bei der Stellung des Insolvenzantrages erbracht werden können. Nach § 12a PflVG wird zusätzlich eine „Entschädigungsstelle für Auslandsunfälle“ gegründet. Dies geschieht in gleicher Form auch in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten. Diese Stelle kann in Anspruch genommen werden, wenn:
 • der zuvor über den Regierungsbeauftragten in Anspruch genommene Versicherer seiner Pflicht auf Regulierung binnen drei Monaten oder jedenfalls der Vorlage einer begründeten Stellungnahme in dieser Frist nicht nachgekommen ist;
 • der ersatzpflichtige Haftpflichtversicherer entgegen der EU-Richtlinie keinen Regulierungsbeauftragten bestellt hat;
 • das schädigende Fahrzeug nicht oder das Versicherungsunternehmen nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem Schadenfall ermittelt werden kann.
Ersetzt die Entschädigungsstelle den Schaden, so geht der Ersatzanspruch nach § 12b PflVG auf diese kraft Gesetzes über. Dabei kann der Übergang nicht zum Nachteil des Geschädigten geltend gemacht werden. Die Regelung entspricht § 67 VVG, so dass auch hier die Grundsätze über das Quotenvorrecht zur Anwendung kommen. Die Entschädigungsstelle muss den Antrag nach § 12a PflVG binnen zwei Monaten bearbeiten. Die Bearbeitung ist einzustellen, wenn das Versicherungsunternehmen oder der Regulierungsbeauftragte in dieser Frist ein Regulierungsangebot vorlegen.
Hat der Geschädigte die Versicherung gerichtlich in Anspruch genommen, scheidet nach § 12a Abs. 1 a.E. PflVG eine Inanspruchnahme der Entschädigungsstelle aus.

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