Urteilstenor Gericht und Aktenzeichen
Es Bedarf keiner sachverständigen  Feststellung über die Marktüblichkeit von Mietwagentarifen. Eine tragfähige Grundlage ist die Berechnung über den Nutzungsausfall. LG Bielefeld
22 S 18/05

22 S 18/05                                                                      Verkündet am 11.05.2005

14 C 901/03                                                                    O……………..

AG Gütersloh                                                                   Justizangestellte

                                                                                       Als Urkundsbeamter

                                                                                       Der Geschäftsstelle

 

 

                                                  Landgericht Bielefeld

                                        Im Namen des Volkes

                                                    Urteil

 

 

In dem Rechtsstreit

Auto-Meyer, Osningstr. 1, 33605 Bielefeld

                                       

                                                                            Klägerin und Berufungsklägerin,

 

Prozessbevollmächtigte:           Rechtsanwälte Diewitz und Partner

                                               Bahnhofstr. 30, 33605 Bielefeld

 

 

Gegen

 

 

 

                                                                           Beklagte und Berufungsbeklagte,

 

Prozessbevollmächtigte:           Rechtsanwälte …………………………………………

 

 

hat die 22. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom
11. Mai 2005

durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Woiwode, die Richterin am Landgericht Brechmann und den Richter am Landgericht Dr. Haddenhorst

 

für Recht erkannt:

 

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.12.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gütersloh unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.

 

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 556,96 € nebst 5% Zinsen seit dem 10.10.2003 zu zahlen.

 

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz tragen die Klägerin zu 13% und die Beklagte zu 87%.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe:

 

I.

 

Von der Darlegung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 II, 313a I 1 ZPO,

26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

 

II:

 

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem zuerkannten Umfange begründet.

 

1.

 

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich aus abgetretenem Recht gemäß

§§ 7 I, 18 I StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 398 BGB.

 

Die Forderungsabtretung ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auch ist ein Verstoß gegen

Art. 1 § 1 RBerG vorliegend nicht gegeben. Zum einen ist der Klägerin unstreitig die erforderliche Erlaubnis nach Art. 1 RBerG erteilt worden. Zum anderen ist nicht ersichtlich und seitens der Beklagten auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin geschäftsmäßig die Schadensregulierung für ihre Kunden vornimmt. Vielmehr geht es der Klägerin um die Verwirklichung der durch die Forderungsabtretung eingeräumten Sicherheit, d. h. um die Wahrnehmung eigener Angelegenheiten. Dem entspricht der Inhalt der Abtretungsvereinbarung, nach der die Abtretung auf die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten beschränkt ist (vgl. dazu: BGH NZV 2005, 34 f.). Demgegenüber betrifft die vom Amtsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes – Urteil vom

22.06.2004 – einen besonderen Fall, bei dem sich das Mietwagenunternehmen stets eines Inkassounternehmen bedient hatte, indem die Unfallgeschädigten ihre Ersatzansprüche unmittelbar an das Inkassounternehmen abtraten. Das Inkassounternehmen wiederum nahm – im Gegensatz zu dem hier vorliegenden Fall – erkennbar vorrangig fremde Angelegenheiten war, nämlich die des Mietwagenunternehmens.

 

a.

 

Dem Vertragspartner der Klägerin steht gegen die Beklagte ein abtretbarer Schadensersatzanspruch  aufgrund einer unstreitigen Haftung der Beklagten aus einem von ihrem Versicherungsnehmer allein verschuldeten Verkehrsunfall zu.

 

Erstattungsfähig sind gemäß § 249 I, II BGB die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erforderliche Kosten, mithin grundsätzlich auch die für die Bereitstellung eines Ersatzfahrzeugs gemäß § 535 II BGB entstehenden Mietwagenkosten.

 

Dahingehende Kosten sind dem Unfallgeschädigten aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung mit der Klägerin entstanden. Insoweit begegnet das Zustandekommen eines Mietvertrags auf der Grundlage des Vertragsformulars vom 19.07.2003 keinen Bedenken. Der erstinstanzlich vernommene Zeuge M…….. N………. hat nach seinen Bekundungen das bereits ausgefüllte Vertragsformular durchgelesen und konnte sich auch in etwa an den angegebenen Mietpreis erinnern.

 

b.

 

Erforderlich i. S. d. § 249 I, II BGB sind die Kosten insoweit, als ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch sie in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dabei ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensregulierung zu wählen (BGH NZV 2005, 34, 35). Bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges muss der Geschädigte zwar keine Marktforschung betreiben. Regelmäßig möglich und zumutbar ist jedoch die Einholung einiger Vertragsangebote, was ggf. auch telefonisch erfolgen kann. Dergestalt würde sich jeder verständige Verbraucher in der Lage eines Geschädigten verhalten, der für die Mietwagenkosten selbst aufkommen müsste (vgl. AG Saalfeld NZV 2003, 339; Palandt/Heinrichs, BGB, Komm., 63. Aufl. 2004, § 249, Rdnr.31, m.w.N.).

 

Soweit der Zeuge N…….. bekundet hat, es sei über den Mietpreis weder gesprochen noch verhandelt worden und er habe darauf vertraut, dass es mit der Versicherung klappen würde, fehlt es an der im Einzelfall gebotenen Einholung von Vergleichsangeboten. Anspruchs-

mindernd wirkt sich ein dahingehendes schuldhaftes Fehlverhalten des Unfallgeschädigten jedoch nur dann aus, wenn bei pflichtgemäßem Verhalten geringere Kosten entstanden wären. Das setzt voraus. Dass es dem Zeugen bei zumutbarer Anstrengung gelungen wäre, ein Ersatzfahrzeug kostengünstiger anzumieten.

 

c.

 

Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist ein unangemessener Tarif nicht ohne weiteres anzunehmen. Danach lagen die Preise, mit Abtretungsvereinbarung, nur geringfügig unterhalb des im Vertragsformular der Klägerin angegebenen Tagessatzes von 256,90 €. Zudem beträgt der tatsächlich in Rechnung gestellte bzw. geltend gemachte Tagessatz lediglich 173,99 €. Die Feststellungen des Sachverständigen lassen sich aber deshalb nicht uneingeschränkt zugrunde legen, weil ausschließlich ein PKW des Typs BMW Z 4 als Ersatzfahrzeug erfragt wurde. Auf gerade dieses Fahrzeug waren die in Betracht kommenden Ersatzfahrzeuge indes nicht zu beschränken. Vielmehr hätte festgestellt werden müssen, wie hoch die üblichen durchschnittlichen Mietkosten für ein mit dem unfallbeschädigten PKW vergleichbares Fahrzeug sind.

 

Vorliegend bedarf es aber keiner weiteren sachverständigen Feststellung zu den marktüblichen Kosten für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges, denn die Berechnung kann anhand der Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch vorgenommen werden. Diese hat der Bundesgerichtshof als eine tragfähige Grundlage für die Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung herangezogen und ausgeführt, dass die Beträge 35-40% der üblichen Miete ausmachten (Urteil vom 23.11.2004, VI ZR 357/03, S. 5 f.). Bei der bislang unstreitigen Einordnung des beschädigten Fahrzeuges in die Tarifgruppe 8 bzw. H ergibt sich folgende Berechnung:

 

Tarifgruppe 8 (H): 65,-€ = 40%; 100% : 162,50 €

Kosten für 12 Tage:                                                    1.950,00 €

Haftungsreduzierung:                                                      359,97 €

Notdienstgebühr:                                                              69,99 €

Abholpauschale:                                                               25,00 €

                                                                                  2.404,96 €

                                                        

Dabei ist aufgrund des von dem Unfallgeschädigten zu erbringenden Nachweises der Erforderlichkeit der entstandenen Kosten grundsätzlich von einem Prozentsatz von 40% auszugehen. Die gesetzliche Mehrwertsteuer ist dem pauschalierten Mietpreis nicht hinzuzurechnen, denn die „übliche Miete“ bezeichnet begrifflich die Bruttomiete, d.h. den von dem Verbraucher tatsächlich zu entrichtenden Betrag. Dabei ist ein Eigenersparnisanteil nicht mehr in Abzug zu bringen. Vielmehr ist die Nutzungswertermittlung nach den zugrunde liegenden Tabellenwerten bereits unter Abzug eines Anteils für ersparte Eigenbetriebskosten erfolgt.

 

Die Kosten der Haftungsfreistellung sind erstattungsfähig, denn das unfallbeschädigte Fahrzeug war ebenfalls vollkaskoversichert. Auch sind die angefallenen Kosten für die Inanspruchnahme des Notdienstes – außerhalb der üblichen Öffnungszeiten – sowie die Abholungspauschale angemessen und als erforderliche unfallbedingte Kosten zu ersetzen.

 

Im Ergebnis ist danach im Anschluss an den erstinstanzlich anerkannten und bereits erstatteten Betrag von 1.848,00 € noch ein weiterer Betrag in Höhe von 556,96 € zur Zahlung an die Klägerin offen.

 

Der zuerkannte Zinsanspruch ab dem 10.10.2003 folgt aus §§ 228 I, 286 I 1 BGB.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO.

 

 

Woiwode                                      Brechmann                          Dr. Haddenhorst

 

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